Achtung, bezieht sich auf erstes Bürgerbegehren, das bereits beendet wurde:
Gibt es „Präzedenzfälle“ oder Rechtsprechung die dem Bürgerbegehren direkt entgegen stehen?
Nein. Ein Bürgerbegehren, das zum Ziel hat, die Bürger entscheiden zu lassen, ob ein Beschluss, den der Rat zukünftig treffen will (Realisierung Vorhaben Musikzentrum) an Stelle des Rates von den Bürgern getroffen werden soll, war in der Rechtsgeschichte des Landes NRW noch nie Gegenstand eines Rechtsstreites. Noch nie hat es bisher in unserem Land ein Bürgerbegehren in dieser Form gegeben. Entsprechend sind dem Begehren entgegenstehende „Präzedenzfälle“ oder entsprechende Rechtsprechung nicht vorhanden.
Handelt es sich bei dem Bürgerbegehren um ein Begehren, dass den Grundsatzbeschluss zum Bau des Musikzentrums aufheben soll (sog. „kassatorisches“ Begehren)?
Nein. Das Begehren ist drauf gerichtet, dass die im Grundsatzbeschluss und Auslobungstext zum Musikzentrum vorgesehene Entscheidung des Rates, ob das Ergebnis des Architektenwettbewerbs gebaut werden soll an Stelle vom Rat von den Bürgern getroffen wird.
Dadurch, dass diese Entscheidung nicht mehr vom Rat, sondern von den Bürgern getroffen würde, ändert sich der Charakter der Entscheidung nicht.
Der Grundsatzbeschluss wird durch das Begehren nicht angetastet schon gar nicht kassiert.
Handelt es sich bei dem (Vergabe-)Beschluss, den die Bürger an Stelle des Rates treffen sollen, lediglich um einen „formalen Beschluss“?
Nein. Mit dem (Vergabe-)Beschluss will der Rat insbes. prüfen und beschließen, ob das Ergebnis des Architektenwettbewerbs den Vorgaben des Grundsatzbeschlusses entspricht und diese auch zukünftig eingehalten werden können.
Vermutlich würden einige Ratsparteien für die Vergabe stimmen, andere dagegen. Je nachdem, wie sie beurteilen, ob die Vorgaben eingehalten werden oder auch nicht.
Diese konkrete Sachentscheidung sollen nunmehr die Bürger an Stelle des Rates treffen.
Ist Gegenstand des Begehrens eine konkrete Sachentscheidung?
Ja. Der Bürgerentscheid muss auf eine konkrete Sache = Angelegenheit (Begriff, siehe §26 (1) GO NRW) gerichtet sein. Er kann auf die Einleitung eines Verfahrens (z.B. Einleitung Bauleitplanverfahrens, §26 (5) GO NRW) oder auf eine reale Angelegenheit (z.B. Bau eines Musikzentrums) gerichtet sein. Das Begehren muss unbedingt konkret sein (z. B. nicht: kein Bau des Musikzentrums wenn zu teuer – wie teuer?, zu unbestimmt).
Das Begehren ist allein darauf gerichtet, wer die Vergabeentscheidung zum Bau des Musikzentrums trifft, Rat oder Bürger. Dabei handelt es sich um eine Entscheidung in einer konkreten Angelegenheit bzw. Sache (Wer entscheidet hinsichtlich der Vergabe?).
Werden mit dem Bürgerbegehren dem Rat Vorgaben für seine Entscheidung gemacht?
Nein. Die Entscheidung, den (Vergabe-)Beschluss an Stelle des Rates durch die Bürger treffen zu lassen, kann keine Vorgaben an den Rat enthalten. Der Rat trifft den (Vergabe-)Beschluss bei erfolgreichem Begehren ja nicht mehr, sondern stattdessen die Bürger.
Für eine Entscheidung, die der Rat gar nicht trifft, können ihm keine Vorgaben gemacht werden.
Kann die Durchführung eines Ratsbürgerentscheides nur vom Rat und nicht von den Bürgern initiiert werden?
Nein. Jeden Ratsbeschluss, den der Rat treffen kann, können auch die Bürger an Stelle des Rates treffen (§26 (1) GO NRW). Die Ausnahmen zu dieser Regel sind in §26 (5) GO NRW abschließend aufgelistet. Zu den Ausnahmen zählt ein Begehren, das darauf gerichtet ist, eine Entscheidung durch die Bürger an Stelle des Rates treffen zu lassen erkennbar nicht.
Da Ratsbeschlüsse durch die Bürger an Stelle des Rates getroffen werden können, können auch die Bürger an Stelle des Rates in einem Bürgerentscheid beschließen, dass sie in einer bestimmten Sache an Stelle des Rates die Entscheidung treffen wollen und können zu diesem Zweck einen (Rats-)bürgerentscheid initiieren (§26 (1) GO NRW).
Gesetzestext, Gesetzesbegründungen oder Rechtsprechung stehen diesem Vorhaben nicht entgegen.
Handelt es sich bei dem Bürgerbegehren um ein Begehren, dass den Grundsatzbeschluss zum Bau des Musikzentrums aufheben soll (sog. “kassatorisches” Begehren)?
Ja, weil das Begehren drauf gerichtet ist, dass die im Grundsatzbeschluss und Auslobungstext zum Musikzentrum vorgesehene Entscheidung des Rates, ob das Ergebnis des Architektenwettbewerbs gebaut werden soll, an Stelle vom Rat nun von den Bürgern getroffen wird. Damit wird die im Grundsatzbeschluss getroffene Entscheidung, dass der Rat entscheiden soll, kassiert.
Dadurch, dass diese Entscheidung nicht mehr vom Rat, sondern von den Bürgern getroffen würde, ändert sich der Charakter der Entscheidung nicht.
Doch, da die Bürger anstelle des Rates entscheiden.
Der Grundsatzbeschluss wird durch das Begehren nicht angetastet schon gar nicht kassiert.
Das wird er eben dadurch, dass die Bürger anstelle des Rates entscheiden.
1. Der Grundsatzbeschluss legt nicht fest, dass der Rat den (Vergabe-)Beschluss trifft.
2. Zudem bestimmt, § 26 (1) GO NRW, dass jeden Beschluss, den der Rat trifft, auch die Bürger an Stelle des Rates treffen können (Ausnahmen in §26 (5) abschließend aufgeführt).
Würde der Rat durch eigenen Beschluss festlegen können, dass die Bürger nicht mehr an Stelle des Rates gem. § 26 GO NRW einen Beschluss treffen dürften, würde er die Gesetzeslage § 26 (1) GO NRW umgehen. Ein solcher Beschluss wäre insoweit nichtig.